Wenn man seinen Boden mit organischer Masse bedecken will, dann ist die Materialfrage die zentrale Problematik. Welches Material bekommt man woher ?
Mit der Pflanze Waldstaudenroggen kann man die Problematik in mehrfacher Hinsicht lösen. Weitere Namen für dieses Roggensorte sind: Johannisroggen, Urroggen, Sibirisches Urgetreide, Sibirischer Roggen, Sibirisches Urkorn.
Trockenresistenz
Gerade in diesem Jahr (2018) mit drei Monaten nahezu ohne Regen, zeigt der Waldstaudenroggen seine Fähigkeit mit wenig Wasser zufrieden zu sein. Ein Beet liegt im Vorgarten und es hat seit der Aussaat vor 4 Monaten maximal 50mm Niederschlag bekommen. Das Gras in der angrenzenden Wiese ist schon lange braun. Der Roggen dagegen ist immer noch lebendig. Vor der Saat wurde das Beet tief mit der Doppelgrabegabel gelockert, dass könnte eine Ursache für den guten Stand sein. So konnten die Wurzeln schnell und tief wachsen.
Mehrjährig
Da der Waldstauden- roggen ein mehrjähriges Süßgras ist, kann man ihn auch ein- bis zweimal pro Jahr für Heu oder Futter mähen. Das geht mindesten 2-3 Jahre lang. Natürlich sollte man dazu mit einer Sense umgehen können. Aber auch eine Rasur mit den Rasenmäher nimmt er einem nicht übel.
Vorausgesetzt das Herz der Pflanze bleibt erhalten und er bekommt als Wiedereingliederungsmaßnahme genug Feuchte / Regen. Das Material aus dem Rasenmäher kann im Heißkompost als Brennstoff verwendet werden, heizt aber nicht so stark wie Rasenschnitt.
Das aus dem Sensenschnitt resultierende Heu hat eine ganz andere Struktur und Eigenschaft als Wiesenheu. Guter Wiesenschnitt hat lange Halme mit einer möglichst unterschied- lichen Struktur/Dicke. Selbst aus dem mit hohem Druck gepressten Rundballen, kann man beim Ablösen die Halme wieder auflockern (siehe Schleiermulch )
Fast wie Holzwolle
Das Heu aus dem Waldstaudenroggen (noch ohne Fruchtstände), ist nach der Trocknung eher wie Holzwolle. Zuerst dachte ich dieses Material würde durch Regen / Gießen leicht zusammengedrückt und würde wie Rasenschnitt eine dichte und platte Schicht bilden.
Das ist aber nicht der Fall. Die „Spannkraft“ bleibt lange erhalten und sichert luftiges Mulchmaterial, welches man wie Wiesenheu auch gut lagern kann. In dem kleinen Video habe ich versucht diese Eigenschaft sichtbar zu machen.
Keine Panik
Der ganz große Vorteil am Heu aus dem Waldstaudenroggen ist die Tatsache, dass man keine Samen auf das gemulchte Beet bringt. Mit Wiesenheu besteht die „Gefahr“ immer. Beim Ausbringen lockert man das gestopfte Heu und kann es gezielt auch um kleine Pflanzen legen. Das gelingt mit Wiesenheu nicht. Hier ist mehr die flächige Abdeckung das Anwendungsgebiet. Schneidet man den Roggen spätestens im zweiten Jahr nicht, wird er bestocken, also Fruchtstände bilden. So weit bin ich mit meinen drei Roggenbeeten noch nicht. Wenn er Fruchtstände bildet, soll er echtes Langstroh (bis 2m) produzieren können. Solches Stroh will heute kein Mensch mehr, außer Restauratoren die mit Lehm arbeiten. Ich lasse mich dahingehend mal überraschen.
Beschaffung, Aussaat und Keimung
Die Saat habe ich bei der Fa. Bingenheimer bestellt. Der Preis pro Kilo ist aktuell (2018) = 1,93€. Wenn sich mehrere Fans zusammen- schließen, kann man auch größere Mengen hier bekommen. Als Mengenangabe im Internet wird 100gr/10qm angegeben. Das größere Problem als die Menge ist ohnehin eine gleichmäßige Aussaat zu erreichen.
Aussäen kann man den Roggen von März bis in den späten Herbst. Ich habe ihn bisher immer auf gelockerten Boden breitwürfig gesät. Dabei werden die Körner mit der Mistgabel als Striegel flach in den Boden eingearbeitet und mit den Platttreter-Brettern angedrückt.
Seit einiger Zeit verwende ich immer eine dünne Mulchschicht, auch bei den flachen Aussaaten. Die Schicht wird im Stil von Schleiermulch ausgebreitet. Der Schleiermulch hindert u.a. Spatzen und andere Mitesser daran leicht an die Saat zu kommen und erfüllt auch die anderen Eigenschaften von Mulch (siehe Menüpunkt Mulchen als Prinzip – warum ).
Das Beet sollte bis zur Keimung gleichmäßig feucht gehalten werden. Die Keimung dauert, je nach Temperatur 1-2 Wochen und anfangs ist die Farbe des Keimblatts eher bräunlich als grün und so übersieht man die Blättchen schnell.
Weg da – jetzt komme ich
Was ich zu Beginn der Versuche mit Waldstaudenroggen nicht wusste, die Pflanze ist bei dichter Aussaat wirklich sehr dominant. Er wächst schnell und unterdrückt alle anderen Pflanzen die eine langsamere Keimung und Wachstum haben. Diese Eigenschaft kann man als Vorteil nutzen, wenn man es denn will und nicht eine Mischung von verschiedenen Pflanzen auf dem Beet plant. Im Verlauf der Vegetationsperiode und auch nach dem Mähen, lässt der Roggen der Konkurrenz keine Chance. Bei mir hat er es sogar geschafft, dass Wachstum von reichlich mit ausgesäten Mohn komplett zu verhindern. Sät man den Roggen als Nachfolger für eine abgeerntete Kultur, dann braucht man sich über andere Pflanzenarten bis zum nächsten Jahr keine Gedanken machen, denn winterhart ist die Pflanze auch. Nicht schlecht, oder ?
Hallo, ich würde gern wissen, in welchem Pflanzabstand du den Waldstaudenroggen stehen hast, oder reicht eine breitwürfige Saat? Vielen Dank und Grüße, Franziska
Hallo Franziska,
ich habe gerade vor 3 Wochen eine Fläche neu eingesät.
Ich würde das immer breitwürfig nennen.
Die Frage ist wie dicht ?
Also ich schätze das zwischen den Keimlingen 3-5cm Abstand ist.
Da ich ausreichend Saat selbst produziere, habe ich mir über Effektivität keine Gedanken gemacht. Ich schätze das am Ende maximal 30% zu Reife auswächst.
Wird die Aussaat im Herbst gemacht (besser als jetzt) dann ist der Bestand über den Winter zuerst dicht wie Rasen.
Später konkurrieren die Pflanzen sich gegenseitig weg.
Mir geht es um lebendigen Wurzelraum. Ich muss nicht einen Maximalen Ertrag aus dem Saatgut erzielen.
Ich hoffe das beantwortet Deine Frage.
Hallo Henry, ich danke Dir für die schnelle und ausführliche Antwort. Ich werde den Waldstaudenroggen als Mulch anbauen, also mir geht es auch nicht um den Kornertrag. Ich hole mir durch den Wiesenheu einfach zu viele Beikräuter in die Beete :-)
Und es hört sich tatsächlich nach einer tollen Alternative an.
Vielen Dank auch für die Erfahrungen, die du hier teilst!
Grüße, Franziska
Hallo Franziska,
wenn Du die Chance hast, den WStR mal im Herbst zu säen, dann mach das.
Wenn der sehr dicht steht, unterdrückt der fast alle anderen Kräuter. Und das wichtigste für den Boden ist die Tatsache, dass der Wurzelraum auch über den Winter aktiv bleibt.
Der Zuwachs ist zwar gering, aber auf jeden Fall besser als die tote Phase auf einer „ordentlich umgegrabenen“ Fläche.
Lässt man das Stroh aus dem letzten Sommer stehen, dann bedeutet das :
– für den Boden Ruhe (keine Samen werden geweckt)
– das Stroh wird durch Verwitterung morsch und man kann es von Hand leicht brechen
– die WStR flanzen sterben ab und können dann bei Bedarf einfach eingsammelt werden. Ausgraben entfällt. Die Wurzeln bleiben im Boden und bilden Humus
Ah okay, hat tatsächlich mehr Vorteile noch bis zum Herbst mit der Saat zu w
arten. Dann schneide ich den WstR im nächsten Frühjahr zurück und habe Mulch für den Sommer. Und er hat dann bis zum übernächsten Frühjahr wieder Zuwachs, der genutzt werden kann, richtig?
Hallo Franziska,
wenn den Platz hast, würde ich schon diese Saison im Frühjahr (jetzt) mit einer Aussaat starten.
Dann kannst die einen ersten Schnitt im Sommer machen.
Im Herst gleich eine zweite Aussaat wieder anlegen.
Diese Pflanzen würde ich dann im Frühjahr 2025 bestocken (Samenbildung) lassen und die Saat als Nachzucht verwenden.
Ganz billig ist die Saat ja nicht. Unsere letzte Ernte waren 2022 ca. 12 Kilo.
Wenn Du mal so viel hast, kommt ein Problem auf dich zu, wie dreschen ???
Das ist aber ein Luxuxproblem, fürchte ich.
P.S. ich gehe von ausreichend Platz in Deinem Garten aus. Hier reicht es (1600qm)
Hallo Henry, ich finde das sehr interessant. Ich werde mich mal um Saatgut für den Waldstaudenroggen kümmern. Ich habe zwar genug Mulchmaterial aus nachbars Garten (Heu und Laub) aber die grüne Bodenbedeckung und die verdrängenden Eigenschaften sind für mich interessant.
Herzliche Grüße sendet Euch Mischa
Hallo Mischa, wieder gut in der Nord-Sahara angekommen ?
Als Futter soll der WStRoggen auch taugen. Nachbars Pferd hatte wohl Besseres erwartet und nix gefressen… Ich konnte auch keine nennenswerte Verluste durch Schnecken feststellen.
Ja, wir sind wieder da. :) Das müsste ich mal meinen Hammels zum Verkosten geben. Wenn es nicht hart ist, fressen sie es bestimmt. Ich werde berichten. :)
Getrocknet ist es halt wie Holzwolle, roh sind die Blätter flache Grasblätter. Könnte aber sein, dass innen was faseriges ist, denn irgendwoher muss ja die Holzwolle kommen :)