Wildbienen unterstützen 5.0

Ich vermeide absichtlich das populäre Wort „Insektenhotels“ in der Überschrift und übertreibe mit 5.0 ganz bewusst ! Nachdem ich mich dieses Jahr schon ausgiebig mit Nisthilfen für Mauerbienen, aber auch allgemein für Wildbienen beschäftigt habe, möchte ich hier einige meiner Ansichten vorstellen.

Romantische Verklärung

Es gibt ja genug Beispiele wo menschliche Aktivitäten mit menschlichen Attributen belegt werden. So würde ich auch die Initiativen zur Unterstützung von Insekten in Form von „Insektenhotels“ klassifizieren. „Insektenhotels“ sollen ja eine ganze Reihe von Insekten unterstützen in dem diesen Nistmöglichkeiten angeboten werden.

Schaut man sich die Welt der realisierten „Insektenhotels“ an, dann wundern mich aber mindestens die zwei Punkte der nachfolgenden Überschriften.

Bauausführung: Schrott

Ähnlich wie in der Welt der Gartenbücher, wo scheinbar ein Autor den Unfug des anderen Autors ungeprüft abschreibt, werden auch beim Bau von „Insektenhotels“ immer wieder unsinnige Materialien und Bauausführungen beschrieben.

In der Folge davon funktionieren die „Insektenhotels“ dann nicht, werden also so gut wie nicht besiedelt. Das wiederum vernichtet die positive Motivation der „Vermieter“, was die negativste Auswirkung von Schrott ist. Mal ganz abgesehen von unverschämten Preisen die für solchen Pfusch auch noch verlangt werden.

Lochziegel:

Wer bitte soll in einer leeren Doppelgarage sein Bett aufschlagen ?

Sicher als temporäre Verstecke werden solche Groß-Löcher-Sammlungen bestimmt ab und zu genutzt. Werden diese großen Löcher dann mit Lehm verfüllt wird es lustig. Alle Wildbienen die in Steilwänden brüten graben sich in Lehm ihre Werkzeuge stumpf. Getrockneter Lehm ist in der Regel für Wildbienen wie Beton für uns.

Also wenn was funktioniert, dann ist es im trocknen Zustand mit dem Finger leicht zu bearbeiten. Das trifft nur auf Lössboden zu. Den gibt es leider viel seltener zu finden als Lehm. Und dann muss man auch noch darauf achten, dass die Entnahme nicht der Natur schadet.

Baum- / Astscheiben:

Wird grobes Holz wie Fichte oder Kiefer verwendet und dann noch in die Sägefläche (Stirnholz) gebohrt, dann ist das Ergebnis nur bei sehr, sehr guter handwerklicher Ausführung zu gebrauchen. Ich kenne fast keine solcher Löcher die mit Fichte / Kiefer gefahrlos funktionieren. Das Problem bei den weichen Hölzern sind die Fasern, welche nach dem Bohren als Grate an der Oberfläche auch im Gang entstehen.

Diese gefährden die Flügel der Insekten. Durch Trocknung entstehen Risse von der Rinde in Richtung dem Kern. Diese zerstören die geschlossenen Gänge und machen sie unbrauchbar. Wenn Holz angebohrt wird, dann immer quer zur Faser. Also am Ast / Stamm entlang. Und wenn möglich Hartholz verwenden. Robinie, Buche oder Eiche, aber bitte abgelagert nicht frisch !

Als Alternativen kann man auch Harthölzer aus 2nd Hand Anwendungen verwenden. Müssen Ihre Gartenstühle aus Tropenholz unbedingt durch neue, hoffentlich nachhaltig produzierte Neuware ersetzt werden, dann versuchen Sie sich doch am downcycling der Bretter und Leisten. Hoffentlich haben Sie das Holz in den letzten Jahren nur mit umweltfreundlichen Mitteln wie z.B. Leinölfirnis gestrichen. Bei den anderen Mittelchen müssen Sie eine Bewertung treffen. Wenn auch die Bretter und Leisten keine Gänge von 10cm Länge zulassen, so finden Sie hier in meinem Blog alternative Bauformen mit Papp- oder Papierröhrchen um dennoch das Material sinnvoll verwenden zu können.

Schilf:

Wie man Schilfhalme schneidet, dass sie in großer Zahl eine gute Qualität an der Schnittfläche bekommen, habe ich noch nicht herausgefunden. Es scheint auch einen Unterschied zugeben, ob man trockenes Schilf aus der letzten Saison schneidet, oder frisches aus diesem Jahr. Das Problem entsteht durch das Zerdrücken der Halme beim Schneiden mit Scheren. Einmal habe ich ein großes Bündel trockener Halme mit einer 150mm Scheibe am Trennschleifer geschnitten, oder besser beschrieben: „abgebrannt“.

Das hat sehr effektiv funktioniert, ist aber handwerklich anspruchsvoll und nicht ungefährlich ! Weiterhin ist die Länge der entstehenden Halme nur schlecht vorhersagbar. An beiden Enden offene Halme sind nicht brauchbar.

Bambus:

Jetzt wird es gruselig. Was da an Durchmessern in den Insektenhotels der Händler (Aldi, Baumärkte & Co) verwendet wird ist abenteuerlich zu groß.

Dann ist die Länge meistens auch noch unter 10cm. Die vernünftigen Innen-Durchmesser bis 9mm, werden von Mauerbienen besiedelt. Und eine Eigenschaft bei den Mauerbienen Damen ist wichtig.

Sie verteilen das Geschlecht ihrer Nachkommen in den Röhrchen nach der Lage zum Ausgang (aus der Sicht der Larven). Am Anfang werden die männlichen Bienen liegen und dahinter die weiblichen Bienen. Das erklärt auch warum zuerst die Männchen erscheinen (müssen). Bei kurzen Röhrchen wird durch ihre Länge das Verhältnis der Geschlechter verschoben. Es werden zu wenige weibliche Bienen „produziert“. Mindestlänge ist hier 15cm und „zu lang“ gibt es eigentlich nicht.

Markhaltige Stengel:
Dazu habe ich in den Artikeln zu den Grabwespen schon hingewiesen. Als Material in „Insektenhotels“ sind diese Stengel Unfug !

Holzwolle:
Ist mir ein Rätsel wem das helfen soll. Es könnten die „Ohrenkneifer“ gemeint sein. Die ziehen sich gerne zum Schlafen in Holzwolle zurück. Dann aber bitte in einem umgedrehten Tontopf und direkt am Ast oder Baumstamm angebunden. Oder wollen Sie erst einige Kilometer zum nächsten Restaurant laufen ? Das Futter für „Ohrenkneifer“ kommt in den „Insektenhotels“ nicht vor !

Tannenzapfen:
Völliger Unfug.

Schneckenhäuser:
Völliger Unfug. Es gibt tatsächlich Wildbienen die sind auf Schneckenhäuser als Wohnraum spezialisiert, aber diese Arten sind sehr selten. Außerdem widerspricht die Lage der Schneckenhäuser der Vorstellung der Wildbienen. Die Schneckenhäuser liegen am Boden und nicht hinter Drahtgeflecht in 1,50m Höhe.

Massentierhaltung

Was mir bei den realen Ausführungen von „Insektenhotels“ und deren Bewertung aber völlig aus dem Blick geraten zu sein scheint, ist die Tatsache das solche Bauwerke eigentlich eine Massentierhaltung zur Folge haben. In der Natur kommen solche Massenansiedlungen nur ganz selten vor. Auf sehr engem Raum werden viele Tiere konzentriert. Das wird erst auf den zweiten Blick zum Problem. Denn in gut gemachten Bauwerken siedeln sich ja erst einmal die Insekten an. Aber was passiert langfristig ?

Wo viele Individuen auf engem Raum zusammentreffen, da sind die Gegenspieler nicht fern. Und damit meine ich die Parasiten und Pilze. Das Wildbienen die Niströhren im nächsten Jahr komplett reinigen ist unrealistisch. Nach mehreren Jahren entwickeln sich die Insektenhotels also zu Friedhöfen. Eine Gruppe von Mauerbienen Larven die in einem Röhrchen den Parasiten zum Opfer gefallen sind, werden nicht mehr aussteigen. Somit werden die Röhrchen auch von niemendem in brauchbarer Art geöffnet. Von Jahr zu Jahr sinkt so die Anzahl der verfügbaren Röhrchen.

Um meine Behauptung an Ihrer Wohnanlage mit Bambus zu überprüfen, markieren Sie doch im Herbst oder zeitigen Frühjahr die verschlossenen Röhrchen mit einem Filzstift. Bei mir waren im zweiten Jahr nur noch 50% der Bambus-Wohnungen verfügbar!
Wo keine Bienen ausgestiegen sind, da habe ich das Innenleben kontrolliert. Alles abgestorben – schade !

Das kann man nur umgehen, wenn man die angebotenen Materialien regelmäßig austauscht, aber wer zerstört schon freiwillig das niedliche „Insektenhotel“ ?

Schlussfolgerungen für Mauerbienen

Für Mauerbienen komme ich zu dem Schluss, dass man die angebotenen Röhrchen einmal im Jahr pflegen muss. Daher auch meine Hinweise auf das Auskleiden der Pappröhrchen mit Papierröhrchen die Sie hier finden können. Und mit Pflege meine ich das Entnehmen der Kokons und mindestens das einfache Reinigen dieser Kokons. Damit erhöht man signifikant die Überlebensrate der Mauerbienen und das führt zu einer ständig wachsenden Population an Mauerbienen. Gleichzeitig wird die Menge an gewissen Parasiten verringert. Mir ist schon klar das die Kuckucks-Bienen zum System gehören. Aber Milben, Taufliegen und Pilze können von uns als Regulativ unter Kontrolle gehalten werden.

Schlussfolgerungen für andere Wildbienenarten

Ob sich die anderen Wildbienenarten auch durch Pflege unterstützen lassen wird die Zukunft zeigen. Leider kann man zu diesem Thema allgemein im deutschsprachigen Internet nicht viele Informationen finden. Hier sind uns die Amerikaner (trotz dem rotblonden Idioten) deutlich voraus. Da wird die Mauerbienen-Pflege sogar in Kursen für Interessierte (Gärtner) kostenlos gefördert.

Schlussfolgerungen für die Größe

Ich bin ja auch im NABU engagiert und da haben wir bisher wenige, aber große „Insektenhotels“ gebaut. Wir sind jetzt der Meinung, dass viele weiter verteilte und kleine Versionen viel besser geeignet sind. Das ist dann auch eine Anpassung an den begrenzten Flugradius der Bienen. Mit mehr kleinen Bauwerken in der Fläche helfen wir auch mehr.
Wie dann die Pflege von solchen Bauwerke wird, muss die Erfahrung zeigen. Vielleicht wird das mal so ausgehen wie mit Nistkästen für Vögel.
Ein weiterer Aspekt der kleineren Bauwerke ist auch deren Einsatz im Kleingarten. Schnell mal ein Häuschen aufgehängt ist leichter, als ein aufwendiges „Insektenhotel“ zu bauen. Auch hier werden wir als NABU in unserem Umfeld aktiv werden.

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4 Gedanken zu „Wildbienen unterstützen 5.0

  1. Wieso, funktioniert die Blechdose nur kurz? Eine Dose ist doch stabil dachte ich.
    Wie meinst Du das mit den Pappröhrchen, das habe ich jetzt nicht verstanden.
    Muß so ein Bienenhaus immer in der Höhe hängen? Oder kann ich es auch auf den Boden stellen?

    Gruß Ingrid.

    1. Hallo Ingrid,
      die Dose hält natürlich länger, nur die Röhrchen halten nicht so lange, weil sie nach und nach nicht mehr verwendbar sind. Das liegt an den abgestorbenen Inhalten, die nicht die Röhrchen öffnen oder putzen können. So ist das halt mit Toten…
      Die Pappröhrchen an sich halten sehr lange. Mit dem Papier in den Pappröhrchen können diese immer wieder gereinigt werden und mit neuem Papier innen ausgestattet geht es in die nächste Saison.
      Meine Erfahrung dieses Jahr ist, im mehr als 1,5m höhe aufgehängte Teile wurden bisher ignoriert. Am Boden sollten sei auch keinesfalls stehen / liegen. 50cm bis 1m Höhe scheint die erfolgreichste Region zu sein.

  2. Hallo Henry,
    wir sehen Du hast den sozialen Wohnungsbau wieder eingeführt.
    Was kostet den die einzelne Mietwohnung?
    Vieleicht könnten wir aus unserem Garten noch Interessenten finden. ( Ha, ha ,ha).

    Scherz bei Seite, die Blechdosenvariation bauen wir auch bei unserem Sommerfest im Kindergarten.

    Gruß Ingrid und Lara.

    1. Hallo Ingrid,
      ist doch ein erster Ansatz. Aber vielleicht solltet Ihr mal über Pappröhrchen mit Papiereinlage nachdenken. Ist doch schade um die Bienen wenn es nur kurze Zeit funktioniert.

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